Anwendungsbeispiel Mediation – in einer Paarbeziehung

von | Jul 20, 2016

Jens und Karin sind seit 9 Jahren verheiratet und kinderlos. Beide sind berufstätig und verdienen jeder ausreichend Geld für seinen/ihren Lebensunterhalt.

Jens treibt viel Sport. Er segelt Regatten und ist daher nur noch selten zuhause.

Karin ist lange einsam gewesen und hat vor 1,5 Jahren einen anderen kennen und lieben gelernt und ist vor einem Jahr aus der Ehewohnung ausgezogen. Sie möchte ihren jetzigen Lebenspartner heiraten und will die Scheidung. Jens hat dazu wenig Neigung, weil er meint, es ginge doch so.

Schwierig wird es aber, wenn die beiden in größerem Freundeskreis aufeinandertreffen; denn die gemeinsamen Freunde aus guten Zeiten fühlen sich genötigt, irgendwie Partei zu ergreifen, was auf die Partystimmung durchschlägt.

Eine Freundin empfiehlt Jens und Karin eine Mediation. Interesses halber vereinbaren die beiden ein erstes Treffen mit einem Mediator.

Seine Idee überzeugt: Einvernehmliche Scheidung, fair für beide, geringe Kosten, da nur ein Anwalt. Beide wollen ihren Freundeskreis behalten und die Freunde nicht in ihre Konflikte mit hineinziehen.

Bei der zweiten Mediationssitzung, 14 Tage später wird die Anzahl der Themen auf 2 reduziert: Ausgleich bei der Altersvorsorge und Hausrataufteilung. Bei letzterer ist streitig, wer den wertvollen Orientteppich erhalten soll, der optimal in die Wohnung passt und allein von Karin bezahlt wurde. Daher will Karin den Teppich auch haben. Jens will sich von dem schönen Stück nicht trennen.

Bei dem 3. Treffen nach weiteren 10 Tagen stellt sich heraus, dass Karin gar nicht so sehr an dem Teppich hängt. Sie hat nur Angst, bei der Auseinandersetzung über den Tisch gezogen zu werden; denn sie hat in der Ehe ja immer großzügig eingelenkt, wenn es Meinungsverschiedenheiten gab. Und nun möchte sie sich einmal durchsetzen.

Die Auskünfte zu den Versorgungsanwartschaften sind inzwischen da.

Karin hat nicht studiert und daher bisher geringfügig höhere Anwartschaften erworben als Jens, da sie schon länger Gehalt bezogen hat. Jens wird aber in den nächsten 20 Jahren deutlich mehr verdienen als Karin, im Übrigen wird er Alleinerbe einer größeren Wohnimmobilie werden, so dass er auch ohne einen Versorgungsausgleich mit Karin gut abgesichert sein wird. Er verzichtet daher auf diesen Ausgleich. Nun kann Karin leicht auf den Teppich verzichten, denn sie fühlt sich gerecht behandelt und ernst genommen. Beide sind sich einig.

Es wird eine Scheidungsvereinbarung nebst Regelung zur Kostentragung unterzeichnet. Diese wird von einem Notar beurkundet. Es wird nur eine Rechtsanwältin beauftragt, beim zuständigen Gericht den Scheidungsantrag zu stellen.
Jens und Karin sind gute Freunde geworden und haben sich ihren Freundeskreis erhalten.

Karin steht kurz vor der Heirat mit ihrem neuen Lebenspartner.

Jens wird Deutscher Meister in seiner Bootsklasse.

Beide sind davon überzeugt, dass sie ohne die Mediation Ihren Konflikt vor Gericht ausgetragen hätten und nicht mehr befreundet wären.